Abstract
Archaismen als sprachliches $Ph\"{a}nomen$, das zeitspezifischen Bewertungen unterliegt, sind bis jetzt in der Sprachwissenschaft wenig beachtet worden. In vorliegender Arbeit werden die $vielf\"{a}ltigen$ archaischen Formen behandelt, die noch heute in einem bestimmten Kontext gebraucht werden. Das Wort Archaismus starnmt von dem griechischen archaios 'altertumlich', und wird $haupts\"{a}chlich$ als Stilmittel der Rhetorik benutzt, um poetische, pathetische oder ironische Effekte hervorzurufen. Unter Archaismus wird em aus verschiedenen $Gr\"{u}nden$ veraltendes und veraltetes Wortgut verstanden, das aber noch im $Bewu{\ss}tsein\;der\;Sprachtr\"{a}ger$ lebt und im gegenwartssprachlichen Text verwendet wird. Ein Instrument zur deskriptiven Erfassung von Archaismen kann das $W\"{o}rterbuch\;sein.\;In\;W\"{o}rterb\"{u}chern$ der deutschen Gegenwartssprache werden Angaben $\"{u}ber$ zeitspezifische Markierungen eines Lexems gemacht: z.B. 'veraltet' , 'veraltend', $'fr\"{u}her'$, 'selten' 'historisch', 'nationalsozialistisch', , 'modern', , modisch , usw. Aber liber Art und Zahl der Markierung einerseits $\"{u}ber$ liber ihre Trennscharfe andererseits besteht noch keineswegs Klarheit. Der Vorgang des Veraltens - der Archaisierung - von Lexemen ist ein $Proze{\ss}$, der schwieriger festzustellen ist als das Aufkommen von neuen $W\"{o}rtern$. Hier sol1 nur eine von verschiedenen Ursachen genannt werden: $W\"{o}rter$ veralten mit ihren Denotaten. Wenn das Denotat aus dem gesellschaftlichen Leben verschwindet, ist auch die Benennung nicht mehr notwendig. Archaismen sind keineswegs auf den lexikalischen Bereich beschrankt, obwohl sie dort am meisten auffallen. Sie treten vielmehr auf allen Strukturebenen, vom Laut bis zum Text, auf: - auf der lautlichen Ebene: Kur/$K\"{u}r$, Melodie/Melodei, $g\"{u}lden$/golden - auf der morphologischen Ebene: gerne, am Tage, geschmecket/ geschmeckt - auf der graphematischen Ebene: That vs. Tat, Capital vs. Kapital - auf der lexikalischen Ebene: Oheim, Knabe, Kerker, Schulmeister - auf der Wortbildungsebene: Afterglauben, $Sch\"{o}ne$, kleineln - auf der syntaktischen Ebene: guten Mutes sein, einer Verbindung halber, $R\"{o}slein$ rot - auf der Textebene: Wollen der Herr unten speisen? Archaismen treten in unterschiedlichen Texten und Textsorten auf. Eine spezielle Funktion haben Archaismen im Sprachkunstwerk. Autoren nutzen sie, urn Zeitkolorit zu schaffen. Im Alltagsleben $k\"{o}nnen$ Archaismen Lebensumstande und -erfahrungen signalisieren. Altes Wortgut wird als kostbarer nationaler Besitz angesehen. Man kann heute immer wieder den $R\"{u}ckgriff\;auf\;\"{a}lteres$ Sprachgut beobachten, entweder urn Vergangenes und Vergessenes neu zu beleben oder urn die jeweilige Gegenwartssprache mit Hilfe yon Archaismen historisch zu vertiefen und gleichzeitig zu erweitern. Archaismen sind somit die sprachlichen Zeugen der Vergangenheit. Zugleich sind Sie auch Zeichen $f\"{u}r$ die 'Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen' in heutigen Sprachen, weil sie 'kommunikativ mehrere Generationen, kulturell viele Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende $\"{u}berbr\"{u}cken\;k\"{o}nnen$'.